Zum neunten Mal präsentierte der Förderverein Herz-Jesu-Kirche Oberlohberg „Lyrik und Musik im November“. Schiller, Mozart und Ballett sorgten für ein volles Gotteshaus.
Ihr Geläut hat Generationen von Schülern zur Verzweiflung gebracht. Bis heute wecken die gefühlten 1000 Verse, in die Friedrich Schiller 1799 das Werden einer einzigen Glocke goss, bei vielen Menschen böse Erinnerungen an lustloses Auswendiglernen, dem in endlos erscheinenden Deutschstunden dumpfes Interpretieren zu folgen pflegte. Dass sich der Dichter auch sinnlich erfahren lässt, zeigte der Förderverein Herz-Jesu-Kirche Oberlohberg mit der neunten Veranstaltung der Reihe „Lyrik und Musik im November“. Unter dem Titel „Klassik, Tanz etc…“ vereinte das 75-minütige Programm Rezitation mit Musik und Ballett.
Vereinsvorsitzende Käthi Klein hatte den Abend als „Experiment“ angekündigt, das überraschen wolle. Neugierig auf diese Überraschung waren so viele Besucher, das nicht nur die Bänke der Herz-Jesu-Kirche voll besetzt waren, sondern auch noch jede Menge Stühle in das Gotteshaus geschafft werden mussten. Das Akkordeonorchester Oberhausen eröffnete den Kunstgenuss mit dem „Trumpet Voluntary“ des englischen Barockkomponisten Jeremiah Clarke. Das Ballettensemble von Kristina Jefimowa übersetzte die festlichen Klänge in anmutige Bewegungen.
Dem folgte der erste Schiller. David Zieglmaier, Schauspieler der Burghofbühne, las „Die Bürgschaft“, jene gewaltige Ballade, in der der Dichter 1798 Treue und Freundschaft bis über den Tod hinaus beschwor. Mit kraftvoller Stimme schmetterte Zieglmaier die Verse in das Kirchenschiff, ließ sie nachhallen, setzte Akzente durch wohl gewählte Pausen und widerstand geschickt der Versuchung, durch ein Zuviel an Tempo das dramatische Finale zu verstolpern.
Staunen, kräftiger Applaus – plötzlich war die Tür zu Schiller wieder einen Spalt weit geöffnet. Ein einziger Text hatte genügt, um zu verstehen, was Sigrid Buchheim eingangs über den Dichter gesagt hatte. Er blicke in die Geschichte und zu Gott. Dabei sei der Tod allgegenwärtig. „Mal siegt er, und mal ist er der Verlierer.“ „Der Taucher“, vorgetragen von Rosa Grunicke, der neuen Abendspielleiterin des Landestheaters, endet tödlich. Auch in „Die Kraniche des Ibykus“ fließt Blut. Grunicke verstand es, den hohen geistigen Anspruch dieses etwas in Vergessenheit geratenen Werkes herauszuarbeiten, ohne dabei das Volkstümliche zu vernachlässigen. Auch für ihren Vortrag gab es kräftigen Beifall.
Dem Wort folgte der Klang. Das Akkordeon-Orchester Oberhausen unter der Leitung von Heinz Kruza überzeugte mit „Eine kleine Nachtmusik“ von Mozart. Zur Freude des Publikums gab es diesmal nicht nur den viel gespielten ersten Satz (Allegro), sondern auch die Romanze, das Rondo und zum Finale das Menuetto. Das sanfte „Ave Verum“, Mozarts himmlisches Gebet an den Erlöser, der für die Sünden der Menschen sein Blut vergossen hat, wäre gut ohne Balletteinlage ausgekommen. Das Finale der „Nachtmusik“, das Kristina Jefimowa mit einem Solo adelte, gewann durch den Spitzentanz.
Zum Schluss gab’s Pathos, Euphorie, ein Schwelgen in Gefühlen: Schillers freundschaftstrunkene, weinselige „Ode an die Freude“, erst gelesen, dann gesungen. Beethoven für alle. Das Publikum stimmte mit ein. Es tat es in dem guten Gefühl, dem deutschen Klassiker Friedrich Schiller, der die geistvollen Dinge bis heute klug in Erinnerung zu rufen versteht, wenn man ihm nur gut genug zuhört, ein Stückchen nähergekommen.